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Friedrich von Hausen (1310-1330)
The Romance Influence 291

 

The Romance Influence
 

    In the poetry of those poets whose names are known, we can already detect features which suggest Romance influence. From about 1170 on, both Romance subject matter and form begin to assume an incontrovertible effect (cf. Sayce, The Medieval German Lyric). Since the northwestern part of Germany tended to be a kind of gateway for Romance influence (cf. Gregorius’ spiritual preparation for knighthood by mentally acting out the practices and conventions of the knights from "Henegouwe, ze Brâbant, und ze Haspengau," that is modern-day Belgium and the Netherlands, in Hartmann von Aue’s Gregorius, ll. 1575f.), it is particularly the poets from this region who first assimilated these influences. The most prominent among these are Heinrich von Veldeke who lived in what is now Belgium, and the Rhineland poet Friedrich von Hausen .

    The formal love song is the most common type found in «Minnesang» at all periods, but there were also others. The «Botenlied» (address to a messenger) shows the lady or the man revealing to a messenger emotions that, by convention, could not be expressed directly to the beloved. The «Kreuzlied» (crusading song) does not usually tell of a crusade and its hardships, but rather of the pain caused by leaving the beloved behind. The «Wechsel» now represents an actual conversation between two lovers, but often convention is served by making the conversation take place in a dream. In all these types of poems the rules of formal love poetry are preserved, and the formal aspects of the «Minnelied» (love song) appear. The «Tagelied» (dawn song) also has usually the same formal aspects, but its attitudes are quite different. It shows the parting of two lovers at dawn after a night of illicit love. A watchman cries that dawn has come; the lovers are in danger from spies sent by a jealous husband or perhaps from a less successful suitor. The stress is on the feelings of the woman rather than those of the man, and there is no attempt to idealize the situation. German poets clearly did not fancy the «Tagelied», since there are few examples of it in early lyric poetry, and even after Romance traditions became established, resorting to a dreamlike setting seemed to be preferable to an explicit portrayal in the Romance vein (compare, for instance, Walther von der Vogelweide’s "Nemt, frouwe, disen kranz"). Nor are there any «pastourelles»—again with the qualified excep-tion of Walther von der Vogelweide’s poem "Under der linden," which merely provides the ‘classical’ setting—, a type of poem in which a knight accosts a peasant girl and either persuades or forces her to accept his love.

    In Provençal poetry there were several types of poems that were not concerned with love; they were not imitated to any degree by German authors, except, again, Walther von der Vogelweide in his «Spruchdichtung» (gnomic or didactic poetry). Such didactic poems may vary widely in range, from politics to subjects dealing with the Bible; they represent a

292 The Romance Influence: Friedrich von Hausen

 

repository for poems other than love poetry. Walther von der Vogelweide’s treatment of political themes set the stage for subsequent generations of poets, but even these poems are only distantly related to their Romance counterparts. Their forms are those of the «Minnelied», but most of them are single strophe poems.

 

 

Friedrich von Hausen

 
I 1 Mîn herze und mîn lîp diu wellent scheiden, I 1 
diu mit ein ander wâren nu manige zît. 
der lîp wil gerne vehten an die heiden, 
sô hât iedoch daz herze erwelt ein wîp 
5 vor al der werlt. daz müet mich iemer sît, 5 
daz siu ein ándèr niht volgent beide. 
mir habent diu ougen vil getân ze leide. 
got eine müese scheiden noch den strît. 

2 Sît ich dich herze, niht wol mac erwenden, 2 
10 du wellest mich vil trûreclîchen lân, 10 
sô bite ich got, daz er dich geruoche senden 
an eine stat dâ man dich welle enpfân. 
Owê! wie sol ez armen dir ergân? 
wie getórstest eine an solhe nôt ernenden? 
15 wer sol dir dîne sorge helfen enden 15 
mít tríuwen als ich hân getân? 

3 Ich wânde ledic sîn von solicher swære, 3 
dô ich daz kriuze in gotes êre nan. 
ez wære ouch reht, daz ez alsôwære, 
20 wan daz mîn stætekeit mir sîn verban. 20 
ich solte sîn ze rehte ein lebendic man, 
ob ez den tumben willen sîn verbære. 
nu sihe ich wol, daz im ist gar unmære, 
wie ez mir süle án dem ende ergân.

 
The Romance Influence: Friedrich von Hausen 293

 

Friedrich von Hausen
(c.1150-1190)
 

    When compared to the Austro-Bavarian poets who wrote more or less exclusively in the native tradition, a little more is known of the Rhineland poets who introduced Romance forms and subject matter to medieval German literature. Friedrich von Hausen was a knight of some importance. Born near Kreuznach (c. 1150), he is, after emperor Henry VI (d. 1197), whose three poems open the «Große Heidelberger Liederhandschrift», the most significant representative of a group of Rhenish poets who dominated the lyric scene for quite some time. They can all be associated in one way or another with the court of emperor Frederick I Barbarossa. While on a crusade with Frederick in 1190, the poet fell from his horse and was killed during a battle in Asia Minor.

    Friedrich von Hausen had a heightened sense of the «hoher muot» ("a particular kind of elevation of spirit appropriate to the lover," joy [Sayce, The Medieval German Lyric]) which was considered an attribute characteristic of a lover, and also of the sorrow that love brings. During his lifetime he had personal contact with Romance poets. Consequently, his poetry owes more to their traditions than to native stimuli.

 

(I) This «Kreuzlied» is probably based on a poem by Conon de Béthune, a French «trouvère». By using the theme of a knight’s separation from his lady while on a crusade, the author poses a series of clever paradoxes. A crusader should have his heart set wholly on the Lord. But he has given it to his lady—he now fights for God only with his body. Thus his immortal soul is endangered by love, and is torn between the demands of his heart, and those of God:

(1) Mein Herz und mein Leib wollen sich trennen, die schon so lange miteinander gezogen sind. Der Leib begehrt, gegen die Heiden zu kämpfen; das Herz hingegen hat sich
(5) vor aller Welt eine Frau erkoren. Das quält mich seither ständig, daß sie so auseinanderstreben. Mir haben meine Augen viel Schmerz zugefügt. Gott allein möge diesen Streit noch schlichten.

(2) Da ich dich, Herz, nicht gut abhalten kann,
(10) mich auf so traurige Weise zu verlassen, so bitte ich Gott, daß er dich an einen Ort senden möge, wo man dich gut aufnimmt. Ach, wie wird es dir, du Armes, ergehen! Wie durftest du dich allein an solche Gefahr wagen?
(15) Wer soll dir diese Not beenden helfen, so zuverlässig wie ich bisher?

(3) Ich glaubte frei zu sein von solchem Leid, als ich das Kreuz zum Ruhme Gottes nahm. Es wäre auch richtig, daß das Herz wie früher dabei wäre,
(20) nur daß meine Anhänglichkeit ihm das verbietet. Ich wäre—wie es sich gehört—ein lebendiger Mensch, wenn es seinen unbesonnenen Willen aufgäbe. Nun erkenne ich aber klar, daß es ihm ganz gleichgültig ist, wie es mir schließlich ergehen wird.

294 The Romance Influence: Friedrich von Hausen

 
4 25 Niemen darf mir wenden daz zunstæte, 4 25 
ob ich die hazze die ich dâ minnet ê. 
swie vil ich si gevflêhte oder gebæte, 
sô tuot si rehte als sis niht verstê. 
mich dunket [], wie ir wort gelîche gê, 
30 als ez der summer vor ir ôren tæte. 30 
ich wær ein gouch, ob ich ir tumpheit hæte 
vür guot. ez engeschiht mir niemer mê. 
  
II 1 Ich denke underwîlen, II 1 
ob ich ir nâher wære, 
waz ich ir wolte sagen. 
daz kürzet mir die mîlen, 
5 swenn ich ir mîne swære 5 
sô mit gedanken klage. 
mich sehent mange tage 
die liute in der gebærde, 
als ich niht sorgen habe, 
10 wan ich si alsô vertrage. 10 

2 Hete ich sô hôher minne 2 
nie mich underwunden, 
mîn möhte werden rât. 
ich tet ez âne sinne; 
15 des lîde ich ze allen stunden 15 
nôt, diu mir nâhe gât. 
Mîn stæte mir nu hât 
daz herze alsô gebunden, 
daz si ez niht schéiden lât 
20 von ir, als ez nu stât. 20 

3 Ez ist ein grôze wunder: 3 
die ich allre sêrste minne, 
diu was mir ie gevê. 
nu müeze solhen kumber 
25 niemer man bevinden, 25 
der alsô nâhe gê. 
Erkennen wânde ich in ê, 
nu hân ich in baz bevunden: 
mir was dâ heime wê, 
30 und hie wol drîstunt mê. 30

 
The Romance Influence: Friedrich von Hausen 295

 

(4) (25) Niemand darf mir das als Unbeständigkeit auslegen, wenn ich die hasse, die ich einst liebte. Wie sehr ich sie auch immer anflehte oder bat, sie tut geradezu, als ob sie es nicht verstünde. Mir kommt es so vor, als wirkten meine Worte auf sie,
(30) wie wenn einer vor ihren Ohren eine Trommel rührt. Ich wäre ein Narr, wenn ich ihr ihre Torheit zu gute hielte: das passiert mir niemals wieder.

 

(II) The melody underlying this poem was borrowed from Guiot de Provins. It represents a typical example of «Minneklage» (poem lamenting the absence of a lover). The poet overcomes his sense of privation by lamenting quietly in his heart and by trying by way of sublimation (l. 8f.) to accept his love as hopeless, he finds enough comfort to sustain him while abroad.

(1) Ich stelle mir manchmal vor, was ich zu ihr sagen würde, wenn ich ihr näher wäre. Das verkürzt mir die Meilen,
(5) wenn ich ihr meinen Kummer so in Gedanken klage. So manchen Tag sehen die Leute, daß ich mich verhalte, als wäre ich frei von Sorgen, (aber nur)
(10) weil ich sie auf diese Weise ertrage.

(2) Wenn ich mich einer Liebe von solch hohem Anspruch nie ausgesetzt hätte, dann könnte mir geholfen werden. Ich war von Sinnen, dies zu tun.
(15) Deshalb leide ich nun immerzu eine Not, die mich hart bedrängt. Meine Beständigkeit hat mein Herz so gefesselt, daß sie ihm keine Trennung von ihr erlaubt,
(20) wie es jetzt steht.

(3) Es ist höchst sonderbar: diejenige, die ich geradezu schmerzlich liebe, die war mir immer feindselig gesinnt. Möge keiner eine solch bedrängende Not
(25) jemals mehr erfahren. Ich glaubte, sie früher zu kennen, jetzt habe ich sie noch tiefer erfahren. Ich habe zu Hause gelitten
(30) und hier noch dreimal mehr.
 

296 The Romance Influence: Friedrich von Hausen/Reinmar der Alte
 
4 Swie klein ez mich vervâhe, 4 
sô vröwe ich mich doch sêre, 
daz mir sîn nieman kan 
erwern, ich gedenke ir nâhe, 
35 swar ich landes kêre. 35 
den trôst sol sî mir lân. 
wil sîz für guot enpfân, 
<des vröwe ich mich iémer mêre,> 
wan ich vür alle man 
40 ir ie was undertân. 40
 
Koenig Konrad der Junge (1310-1330)
 

Reinmar der Alte

 
I Des er gert, daz ist der tôt I 
und verderbet manigen lîp; 
bleich und eteswenne rôt, 
alse verwet ez diu wîp. 
Minne heizent ez die man 
5 unde mohte baz unminne sîn. 5 
wê ime, ders alrêst began.
 
The Romance Influence: Friedrich von Hausen/Reinmar der Alte 297

 

(4) Wie wenig es mir auch hilft, ich freue mich doch schrecklich, daß mich niemand daran hindern kann, nahe zu ihr hinzudenken,

(35) in welchem Land ich auch immer reise. Den Trost muß sie mir lassen.
Will sie das gar gnädig aufnehmen, so wird mich das immer freuen, denn ich war und bin
(40) ihr mehr als alle anderen Männer ergeben.

 

Reinmar der Alte
(fl.c.1180-1210)
 

    To his contemporaries Reinmar der Alte, or Reinmar von Hagenau, was the greatest of the «Minnesänger». There are no records of his life; however, it can be assumed that he died between 1207 and 1210, based on references in Walther von der Vogelweide’s necrologue "Owê daz wîsheit unde jugent," and in Tristan where Gottfried von Straßburg refers to him in the past as ‘nightingale with the sweetness of Orpheus’ (ll. 4779-4794). As the official court poet, it was Reinmar, the Alsatian, who was chiefly responsible for the introduction of Romance lyric poetry at the Babenberg court in Vienna.

    Much of the superiority ascribed to him seems to have rested on his melodies, but he was also much admired for his skill in exploring the recognized themes of «Minnesang», particularly the tension between the desire for and the fear of fulfillment. Indeed, his treatment of these very limited subjects was so detailed and copious that it left little for his successors to do. They could either imitate from afar, or break new ground as Walther von der Vogelweide did, whose poem on the occasion of Reinmar’s death bespeaks both the respect and the rivalry between the two poets. His poetry is rich in subtle reflection on his feelings, paired with a sense for moderation and nuance and accompanied by the acceptance of unrequited love or "hopeless, yet patient love," as Sayce calls it in The Medieval German Lyric. Unfortunately, the various manuscripts do not always clearly differentiate the poems of Reinmar from those of Walther von der Vogelweide and Hartmann von Aue, and some few are even attributed to Dietmar von Eist and the earlier Swabian poet Heinrich von Rugge.

 

(I) This excerpt is the fifth strophe of a poem entitled "Lieber bote, nu wirp alsô," a «Botenlied» in which Reinmar juxtaposes life and death in an effort to describe what Heinrich von Morungen refers to as the nearly oxymoric paradox of love:

Was er begehrt, das ist der Tod und richtet viele Leute zugrunde; blaß und manchmal rot macht es die Frauen. Minne nennen es die Männer
(5) und sollte besser Unminne heißen. Weh ihm, der zuallererst damit begann.

 

 

 

298 The Romance Influence: Reinmar der Alte
 

 
II 1 Swaz ich nu niuwer mære sage, II 1 
des endárf mich nieman vrâgen: ich enbin niht vrô. 
die vriunt verdriuzet mîner klage. 
des man ze vil gehœret, dem ist allem sô. 
5 Nu hân ich es beidiu schaden unde spot. 5 
waz mir doch leides unverdienet, daz bedenke got, 
und âne schult geschiht! 
ich engelige herzeliebe bî, 
sôn hât an mîner vröude nieman niht. 

2 10 Die hôchgemuoten zîhent mich, 2 
ich minne niht sô sêre, als ich gebâre, ein wîp. 
si liegent unde unêrent sich: 
si was mir ie gelîcher mâze sô der lîp. 
nie getrôste sî dar under mir den muot. 
15 der ungenâden muoz ich, und des si mir noch tuot, 15 
erbeiten, als ich mac. 
mir ist eteswenne wol gewesen: 
gewínne aber ích nu niemer guoten tac? 

3 Sô wol dir, wîp, wie rein ein nam! 3 
20 wie sanfte er doch z’erkennen und ze nennen ist! 20 
ez wart nie niht sô lobesam, 
swâ dûz an rehte güete kêrest, sô du bist. 
Dîn lop mit rede níemàn volenden kan. 
swes dû mit triuwen pfligest wol, der ist ein sælic man 
25 und mac vil gerne leben. 25 
du gîst al der werlde hôhen muot: 
maht ouch mir ein wênic vröide geben? 

4 Zwei dinc hân ich mir vür geleit, 4 
diu strîtent mit gedanken in dem herzen mîn: 
30 ob ich ir hôhen wirdekeit 30 
mit mînen willen wolte lâzen minre sîn, 
oder ób ich daz welle, daz si grœzer sî 
und sî vil sælic wîp bestê mîn und áller manne vrî. 
siu tuont mir beidiu wê: 
35 ích wírde ir lasters niemer vrô; 35 
vergêt siu mich, daz klage ich iemer mê. 

5 Ob ich nu tuon und hân getân, 5 
daz ich von rehte in ir hulden solte sîn, 
und sî vor aller werlde hân,

 
The Romance Influence: Reinmar der Alte 299
 

 
(II) Reinmar defends his integrity in this poem, reprimanding those who have expressed annoyance at his lamenting by doubting the sincerity of his feelings, and lecturing them on the art of singing of unrewarded love. In his necrologue upon Reinmar’s death Walther von der Vogelweide refers to the famous praise of womanhood as a symbol of ideal beauty in the first line of the third strophe of this poem.

(1) Was ich jetzt Neues zu berichten habe, das darf mich niemand fragen: ich bin nicht fröhlich. Den Freunden ist meine Klage lästig. Wovon man zu oft hört, damit ist es immer so.

(5) Jetzt habe ich zum Schaden obendrein den Spott. Möge Gott erkennen, wieviel Leid mir doch unverdient und ohne meine Schuld widerfährt. Wenn ich nicht bei der Herzensfreundin liegen kann, so wird niemand von mir irgend Freude haben.

(2) (10) Die Frohgestimmten beschuldigen mich, daß ich diese Frau nicht so schmerzlich liebe, wie ich klage. Sie lügen und entehren sich: sie bedeutete mir immer so viel wie mein Leben. Dabei hat sie nie die Seele mir erheitert.

(15) Diese Verweigerung und was immer sie mir noch antut, muß ich ertragen, so gut ich kann. Mir ist früher machmal wohl gewesen. Darf ich nun auf keinen guten Tag mehr hoffen?

(3) Wohl dir, Frau, welch makelloses Wort!
(20) Wie mühelos es zu erfassen und zu nennen ist! Es gibt nichts, was mehr zu rühmen wäre als du, wenn du es aufs wahre Gutsein anlegst. Deinen Ruhm kann niemand ganz in Worte fassen. Wohl ihm, dem du dich aufrichtig zuwendest, der ist ein glücklicher Mensch

(25) und kann mit Freuden leben. Du schenkst allen freudige Stimmung. Warum kannst du nicht auch mir ein wenig Freude schenken?

(4) Zwei Möglichkeiten habe ich mir überlegt, die sich mit Gedanken in meinem Herzen bekämpfen:

(30) ob ich ihre hohe Vollkommenheit freiwillig herabmindern wollte oder ob ich will, daß sie noch größer sei und sie—die gesegnete Frau—weder von mir noch von einem anderen Mann beansprucht werde. Beides bringt mir Leid.
(35) Ich werde ihrer Unehre niemals froh; und wenn sie mich meidet, klage ich immerzu.

(5) Wenn ich nun so handele und gehandelt habe, daß ich mit Recht in ihrer Gunst stehen sollte, und sie höher halte als alles in der Welt

300 The Romance Influence: Reinmar der Alte
 

 
40 waz mac ich des, vergizzet sî darunder mîn? 40 
Swer nu giht, daz ich ze spotte künne klagen, 
der lâze im béidè mîn rede singen unde sagen 
<. . . . . . . . . . .> 
unde merke, wâ ich ie spræche ein wort, 
ezn lige ê i’z gespreche, herzen bî. 

III 1 Ich wirbe umbe allez, daz ein man III 1 
ze wéltlîchen vröiden iemer haben sol. 
daz ist ein wîp, der ich enkan 
nâch ir vil grôze werde niht gesprechen wol. 
5 Lobe ich si, sô man ander vrouwen tuot, 5 
daz engenímet si niemer tac von mir vür guot. 
doch swer ich des, si ist an der stat, 
dâs ûz wîplîchen tugenden nie vuoz getrat. 
daz ist in mat. 

2 10 Alse eteswenne mir der lîp 2 10 
durch sîne bœse unstæte râtet, daz ich var 
und mir gevriunde ein ander wîp, 
sô wil iedoch daz herze níender wan dar. 
Wol íme des, dáz ez rehte welen kan 
15 und mir der süezen árbèite gan! 15 
doch hân ich mir ein liep erkorn, 
deme ích ze dienst—und wære ez al der welte zorn— 
wil sîn geborn. 

3 Unde ist, daz mirs mîn sælde gan, 3 
20 daz ich ábe ir wol rédendem múnde ein küssen mac versteln, 
gît got, daz ich ez bringe dan, 
sô wil ich ez tougenlîchen tragen und iemer heln. 
Und ist, daz sîz für grôze swære hât 
und vêhet mich durch mîne missetât, 
25 waz tuon ich danne, unsælic man? 25 
dâ nim eht ichz und trage ez hin wider, dâ ichz dâ nan, 
als ich wol kan. 

4 Si ist mir liep, und dunket mich, 4 
wie ich ir volleclîche gar unmære sî. 
30 waz darumbe? daz lîde ich: 30 
ich was ir ie mit stæteclîchen triuwen bî. 
Nu waz, ob lîhte ein wunder an mir geschiht,

 
The Romance Influence: Reinmar der Alte 301

 

(40) was kann ich dafür, wenn sie mich dabei vergißt? Wer nun behauptet, daß ich nur zum Spaße klage, dem sei meine Verteidigung gesungen und gesagt <...> und er beachte wohl, wenn ich je ein Wort gesprochen habe, das nicht, bevor ich es sprach, an meinem Herzen lag.

 

 

(III) The following poem is interesting for its use of chess terminology in l. 9 and Walther von der Vogelweide’s poem "Ein man verbiutet âne pflicht," which clearly parodies it. However, the most important idea is contained in ll. 16ff: Reinmar was born to love and serve this particular lady!

(1) Ich werbe um alles, das ein Mann zu seinem irdischen Glück je benötigt. Das ist eine Frau, von der ich gar nicht ihrer Vornehmheit entsprechend reden kann.
(5) Wenn ich sie preise, wie man es mit anderen Damen tut, dann hält sie das für von mir nicht gut genug. Doch beschwöre ich, nie hat sie auch nur mit einem Fuß den Pfad weiblicher Tugend verlassen. Das setzt alle anderen matt.

(2) (10) Wenn ich mich manchmal in meiner nichtswürdigen Unbeständigkeit entschließe, wegzugehen und mich mit einer anderen Frau anzufreunden, dann will doch mein Herz nirgendwo als zu ihr. Gut, daß es so vollkommen wählen kann
(15) und mir so süße Schmerzen zufügt. Darum habe ich mir eine Geliebte ausgesucht, der zu dienen—auch wenn es die ganze Welt ärgert—ich geboren bin.

(3) Und wenn mir mein Glück vergönnt,
(20) daß ich von ihrerm Munde einen Kuß stehlen kann, so gebe Gott, daß ich ihn dann behalte. Dann will ich ihn heimlich bei mir tragen und immer verbergen. Wenn sie das aber als tiefe Kränkung empfindet und sie mich meiner Missetat wegen haßt,
(25) was tue ich dann, ich Unglücklicher? Dann nehme ich den Kuß und lege ihn dorthin zurück, woher ich ihn stahl, wie ich es wohl vermag.

(4) Ich liebe sie, aber ich glaube, ich bin ihr völlig gleichgültig.
(30) Was soll’s? Das erdulde ich und will ihr doch treu dienen. Vielleicht geschieht ein Wunder mit mir,

302 The Romance Influence: Reinmar der Alte
 
daz sî mich eteswenne gerne siht? 
sâ denne lâze ich âne haz, 
35 swer giht daz ime an vröiden sî gelungen baz: 35 
der habe im daz. 

5 Diu jâr diu ich noch ze lebenne hân, 5 
swie vil der wære, ir wurde ir niemer tac genomen. 
sô gar bin ich ir undertân, 
40 daz ich niht sanfte ûz ir gnâden mohte komen. 40 
ich vröiwe mich des, daz ich ir dienen sol. 
si gelônet mir mit lîhten dingen wol, 
geloube eht mir, swénne ich ir ságe 
die nôt, die ich <....> an dem herzen trage 
dicke án dem tage.

 
The Romance Influence: Reinmar der Alte 303
 

und sie sieht mich eines Tages doch noch gerne. Dann lasse ich es auch gerne geschehen,
(35) wenn jemand behauptet, er habe schönere Freuden genossen. Soll er doch!

(5) Wie lange ich auch noch zu leben habe, wieviele Jahre es sein mögen—kein einziger Tag soll ihr genommen sein. So sehr habe ich mich ihr unterworfen,
(40) daß ich ihre Huld unter keinen Umständen verlieren möchte. Ich freue mich, daß ich ihr dienen darf. Sie belohnt mich mit kleinen Gunsterweisungen.
Sie möge mir glauben, wenn ich ihr erzähle von der Qual, die mein Herz ihretwegen bedrängt den ganzen Tag.

 

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