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Neidhart von Reuental
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Neidhart von Reuental
(c.1190-c.1246)

    Neidhart, a Bavarian by birth, spent much of his life traveling, once as far as Italy. He divulges a great deal about himself in his poems, but it is hard to determine whether he is really talking about himself or about a «persona» of Neidhart who takes part in the action of his lyrics. These poems are among the most interesting and puzzling in medieval German literature. Almost all of them deal with the peasant class and can be divided into those that describe the peasants’ summer amusements in the open fields, and the winter dances indoors. The «Winterlieder»—perhaps Neidhart’s most important legacy (Kühn)—tend to follow a rigid structure: a beginning with "o wê," a complaint about difficulties with a lady, and trouble with the peasants. In many of the «Sommerlieder», on the other hand, he prefers the form of a dialog between a mother and a daughter. Their activities, especially in the «Winterlieder», are described in a language and poetic form that is deliberately reminiscent of the high «Minnesang». Many poems begin with lines about spring and a love lament that could easily be taken seriously, but then the illusion is suddenly shattered by a peasant girl’s name, a description of some rural activity, or a crude peasant expression. Neidhart’s songs were still performed before courtly audiences. Yet, by pointing up the discrepancy between the courtly realm and peasant reality, his «Dörperdichtung» satirizes both. It is quite clear that Neidhart’s main purpose was satire, both of the peasants and of the conventions of the «Minnesang», and that his method, in general, is to make his lowborn, ill-bred, and ill-behaved characters attempt to ape the more extreme conventions of courtly love. It is certain that there are some realistic touches in his work, but the object is caricature, not realistic portrayal. Unquestionably the results are brilliant, even though Neidhart’s language is often obscure, and there can be little doubt that a good deal of the «double-entendre» escapes the modern reader.

    Neidhart’s influence on later poetry was profound, and much of the lyric poetry of the next two centuries follows his example in coupling peasants with the conventions of the «Minnesang». Neidhart ushers in a new realism. The picture of himself that he presents in his poetry—a nobleman who contends with the peasants on their own ground for the love of peasant girls and is constantly worsted in the encounters—became the foundation upon which the later Middle Ages built a series of Neidhart Plays, of which he is the hero and in which he continues his conflict with the peasants.

    The poems are difficult to render into modern German. Not only are there many words whose meaning is obscure or unknown, but the whole point of the satire rests on the parody of the «Minnesang», which is easily lost in modern idiom. The first two poems are «Sommerlieder» and the third one is a typical «Winterlied». The translations of the «Sommerlieder» (I; II, 1-2) are those of Dieter Kühn, who appears to capture best the meaning of Neidhart’s poetic genius; the translations of II, 3 and the «Winterlied» (III) are by Siegfried Beyschlag.

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Neidhart von Reuental

I 1 "Der walt mit loube stât", I 1
sprach ein meit, "ez mac wol mîner sorgen werden rât. 
bringt mir mîn liehte wât! 
der von Riuwental uns niuwiu liet gesungen hât: 
5 ich hœr in dort singen vor den kinden. 5 
jâne wil ich nimmer des erwinden, 
ich springe an sîner hende zuo der linden." 

2 Diu muoter rief ir nâch; 2
sî sprach: "tohter, volge mir, niht lâ dir wesen gâch! 
10 weistû, wie geschach 10 
dîner spilen Jiuten vert, alsam ir eide jach? 
der wuohs von sînem reien ûf ir wempel, 
und gewan ein kint, daz hiez sie lempel. 
alsô lêrte er sî den gimpelgempel." 

3 15 "Muoter, lât iz sîn! 3 15 
er sante mir ein rôsenschapel, daz het liehten schîn, 
ûf daz houbet mîn, 
und zwêne rôte golzen brâhte er her mir über Rîn: 
die trag ich noch hiwer an mînem beine. 
20 wes er mich bat, daz weiz niwan ich eine. 20 
jâ volge ich iuwer ræte harte kleine." 

4 Diu muoter sprach: "wol hin! 4
verstû übel oder wol, sich, daz ist dîn gewin. 
dû hâst niht guoten sin. 
25 wil dû mit im gein Riuwental, dâ bringet er dich hin. 25 
alsô kan sîn treiros dich verkoufen. 
er beginnt dich slahen, stôzen, roufen 
und müezen doch zwô wiegen bî dir loufen." 

5 Der muoter der wart leit, 5
30 daz diu tohter niht enhôrte, daz si ir vor geseit; 30 
iz sprach diu stolze meit: 
"ich hân im gelobt: des hât er mîne sicherheit. 
waz verliuse ich dâ mit mîner êren? 
jâne wil ich nimmer widerkêren, 
35 er muoz mich sîne geile sprünge lêren." 35

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(I) This poem, which could be entitled ‘The love-crazed daugther,’ does not leave much room for the ‘ideal spring’ theme, but plunges immediately into the peasant milieu.

(1) "Der Wald ist nun belaubt", / sprach ein Mädchen, "und so ist mein Kummer bald vorbei. / Bring mein helles Kleid! / Neue Lieder hat der Reuental für uns gesungen.
(5) Ich höre sie ihn singen mit den jungen Leuten. / Ich halte es nicht länger aus— / zur Linde springe ich an seiner Hand!"

(2) Ihre Mutter ruft ihr nach: / "Tochter, bleib daheim und überstürz das nicht!
(10) Ich weiß sehr gut von ihrer Mutter, / was mit deiner Freundin Jutta so passierte: / mit einem Lied hat er ihr Bäuchlein dick gemacht— / sie hat ein Kind gekriegt, das man ‘Lämmchen’ nannte— / Pimmel-Polka1 hat er sie gelehrt!"

(3) (15) "Mutter, hört schon damit auf! / Er hat mir einen Kranz aus Rosen auf den Kopf gesetzt, / der sieht aus, wie gemalt! / Und brachte mir zwei bunte Schuhe mit, von über Rhein, / die trag ich hier an meinen Füßen.
(20) Worum er mich gebeten, weiß nur ich allein. / Auf Euren Ratschlag geb ich deshalb nichts!"

(4) Die Mutter sprach: "Dann geh. / Obs dir schlecht geht oder gut, schau, das trifft nur dich. / Du bist nicht recht gescheit!
(25) Willst du mit ihm ins Reuental, dort bringt er dich auch hin!2 / Da lernst du, wie man so ein Lied verhökert3... / Er wird dich schlagen, und er wird dich prügeln, / und doch mußt du zwei Wiegen vor dir schaukeln."

(5) Der Mutter war es leid,
(30) daß ihre Tochter in den Wind schlug, was sie ihr gesagt / über diesen Blödian.4 / "Ich bin mit ihm liiert, er hat mein Pfand darauf;5 / meinem Ansehn kann das gar nicht schaden./ Nein, ich kehr auf keinen Fall zurück.
(35) Ich muß von ihm sein Tanzlied lernen."

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II 1 Ein altiu diu begunde springen II 1
hôhe alsam ein kitze enbor: si wolde bluomen bringen.
"tohter, reich mir mîn gewant!
ich muoz an eines knappen hant,
5 der ist von Riuwental genant. 5
traranuretun traranuriruntundeie."

2 "Muoter , ir hüetet iuwer sinne! 2
erst ein knappe sô gemuot, er pfliget niht stæter minne."
"tohter, lâ mich âne nôt!
10 ich weiz wol, waz er mir enbôt. 10
nâch sîner minne bin ich tôt.
traranuretun traranuriruntundeie."

3 Dô sprachs’ ein alte in ir geile: 3
"trûtgespil, wol dan mit mir! ja ergât ez uns ze heile.
15 wir suln beid nâch bluomen gân. 15
war umbe solte ich hie bestân,
sît ich sô vil geverten hân?
traranuretun traranuriruntundeie."
 

III 1 Owê, sumerwünne, III 1
daz ich mich dîn ânen muoz!
der mir dîn enbünne,
dem enwerde nimmer buoz
5 herzenlîcher leide, 5
und der wolgetânen,
nâch der ie mîn herze ranc!
sol ich mich ir ânen,
daz ist under mînen danc.
10 swenne ich von ir scheide, 10
sô geschiet nie man unsanfter von deheinem wîbe.
bezzer wære mir der tôt,
danne ein seneclîchiu nôt
die lenge alsô belîbe.

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(II) The charm of this poem consists mostly in the reversal of the roles of mother and daughter: the mother goes through her second spring and it is the daughter who does the chiding and the mother who refuses to listen. The third strophe is translated by Siegfried Beyschlag.

(1) Eine Alte machte Sprünge / wie ein Zicklein, hoch hinaus! Durch die Blume wollte sies.6 / "Tochter, reich mein Sonntagskleid! / Muß mit einem Ritter tanzen,
(5) ist ‘von Reuental’ genannt. / Dideldum, dideldum, dideldumbumbum."

(2) "Mutter, dreht nicht völlig durch! / Dieser Ritter denkt nicht dran, in der Liebe treu zu sein." / "Tochter, laß mich bloß in Ruh,
(10) weiß am besten, was er schwor. / Ich bin ganz verrückt nach ihm. / Dideldum, dideldum, dideldumbumbum." /

(3) Einer Alten rief sie lüstern: / "Trautgespielin, komm mit mir, Glück haben wir ganz sicher!
(15) Wir wollen Blumen pflücken gehn! / Wozu blieb’ ich denn etwa hier, / nachdem ich so viel Freunde hab’ ? / Dideldum, dideldum, dideldumbumbum."

 

(III) The first two strophes of this poem sound exactly like a conventional «Minnelied». The break comes in line 4 of the third strophe, where the poet suddenly interjects the names of ‘rivals’ who are clearly peasants. The crude behavior described in the strophe as well as the remainder of the poem needs no comment.

(1) O weh, Sommerfreude, / daß ich auf dich verzichten soll! / Der mir dich mißgönnte, / der erfahre Hilfe nie
(5) für seinen Herzenskummer, / und auch nicht die Schöne, / nach der mein Herz seit je gestrebt! / Muß ich auf sie verzichten, / geschiehts mit meinem Willen nie.
(10) Käme es zur Trennung, / hat härter sich kein Mann jemals getrennt von einem Weibe. Besser wäre mir der Tod, / als eine solche Sehnsuchtsqual, / die kein Ende fände.

360 Neidhart von Reuental

2 15 Klagte ich nû besunder, 2
waz ich leides ie gewan,
ich hân ez vür wunder,
daz mir maneger niht engan,
ob mir liep geschæhe
20 von dem besten wîbe, 20
diech mit ougen ie gesach.
sî hât an ir lîbe,
des man ie ze guote jach.
swie si mich versmæhe,
25 ich geloube niht, daz siz alsô von herzen meine. 25
ich getrouwe ir, als ich sol,
lônes und genâden wol,
und hulfe ez mich joch kleine.

3 Ich bin in von schulden 3
30 immer nîdic unde gram, 30
die mich von ir hulden
dringent: daz ist Berehtram
und der junge Gôze
und der ungenande,
35 des ich nennen niht entar, 35
der daz gerne wande,
næme sî mîn inder war.
sîner spiezgenôze
der sweimte einer von dem oberisten Bireboume.
40 dô ers umbe ir minne bat, 40
ûf daz röckel er ir trat
dâ niden bî dem soume.

4 Dâ si bî dem tanze 4
gie (er gie ir an der hant),
45 von dem ridewanze 45
kom sîn vuoz ûf ir gewant:
daz lac an der erde.
an dem umbeslîfen,
daz den jungen sanfte tuot,
50 wart er von der phîfen 50

Neidhart von Reuental 361

 

(2) (15) Klagte ich nun eigens, / was ich je an Leid erfuhr, / dann nimmt es mich Wunder, daß so mancher mir nicht gönnt, / wenn Liebes mir geschähe
(20) von dem besten Weib, / das mein Auge je erblickt hat. / Sie trägt an sich, was immer man als gut verstanden hat. / Wie sie mich auch verschmähe,
(25) ich glaub’ es nicht, daß sie es so im Herzen wirklich meine. / Ich trau’ ihr zu, wie’s meine Pflicht, / daß Lohn und Gnade sie besitzt, / selbst wenn es mir nichts hülfe.

(3) Ich bin mit Grund für immer
(30) jenen feind und ihnen gram, / die mich von ihrer Neigung / wegdrängen. Bertram meine ich / und den jungen Goße. / Dazu den Ungenannten,
(35)—ihn zu nennen scheu’ ich mich— / er würd’ es gern verhindern, / beachtete sie irgend mich. / Seiner Spießgesellen / einer kam von Oberbierbaum7 her zu uns gependelt.
(40) Als er um ihre Liebe warb, / trat er dabei aufs Röckchen ihr an dem Saum da unten.

(4) Wie sie an dem Tanze / schritt [er ging an ihrer Hand],
(45) kam bei dem Ridewanze8 / er mit dem Fuße auf ihr Kleid; / sie ließ die Schleppe schleifen. / Bei dem Schleiftanzwenden,9 / das den Jungen so behagt, (50) wurde von der Pfeife


"Carmina Burana" [Auf dem Anger]
 

362 Neidhart von Reuental

üppic unde hôchgemuot;
wande er gie im werde.
selten kom sîn munt mit rûnen dankes ûz ir ôren,
des vil sêre mich verdrôz.
55 er und ouch sîn spiezgenôz 55
sint guoter sinne tôren.

5 Von der Persenicke 5
nider unz an daz Ungertor
in der dörper dicke
60 weiz ich ninder zwêne vor, 60
die mit ebenhiuze
sich zuo zin gelîchen.
jâ wæn inder zwêne knaben
in allen diutschen rîchen
65 bezzer ez mit wîben haben 65
niht gein ein er griuze.
Engelmâr gewan ez niht sô guot mit Vriderûne,
als ez doch der einer hât.
jener dürkel ir die wât,
70 ê daz er dâ gerûne! 70

Neidhart von Reuental 363
 


er wie toll und durchgedreht; / er fühlte sich so richtig. / Freiwillig kam sein Mund mit Tuscheln10 nie von ihren Ohren, / was mir zu großem Ärger war.
(55) Er und auch sein Spießgesell’ / sind vollkommene Narren.

(5) Von dem Perschlingbache / abwärts bis zum Ungertor11 / in der Bauern Menge
(60) weiß ich nirgends sonst noch zwei / die frech mit gleichem Treiben / die Stange ihnen hielten.12 / Ich glaube nicht, daß irgendwo / in deutschem Land zwei Burschen
(65) besser auch nur um ein Korn13 / mit Weibern es verstehen. / Engelmar geriet es nicht so gut mit Friederune, / wie’s ihrer einem gleichwohl geht. / Zerreiß’ er lieber ihr das Kleid,
(70) als daß er mit ihr tuschle!

"Acht Schalkheiten"
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Neidhart von Reuental ["Owe, sumerwuenne"]