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Hartmann von Aue 133
 
 
Hartmann von Aue
(fl.c.1170-1215)

    There are several families whose name could correspond with that of the poet, but it is not definitely known to which family he belonged or which family he served. It is likely that he was a Swabian. One thing seems certain—he was closely attached to his liege lord, whoever he was, for it is generally agreed that his abandonment of secular epics was due to his sorrow over his lord’s death. His earliest works were lyric poems, including love poetry and crusading songs. His Büchlein is a dialogue between the heart and the body on the hardheartedness of love. The remainder of his œuvre consists of narrative works, two of them based on Arthurian romances of the French poet Chrétien de Troyes. Erek, written about 1190-1195, is the story of a knight who married a beautiful woman but became so enamored with his wife ("verligen," that is uxorious) that he neglected adventurous pursuits. He hears his wife lamenting the criticisms of his attitude made by some of his knights. Thinking that she shares their opinion of him, he takes her on a series of exploits. Although he has forbidden her to warn him of impending dangers, she disobeys and saves his life several times. He is at last convinced that she is loyal and comes to learn the full meaning of «Minne». Hartmann follows Chrétien de Troyes fairly closely but does use some material not found in his source.

    Following the death of his patron, Hartmann appears to have undergone a profound reversal of feeling, and his next two works are exemplary legends. Gregorius, probably written first, shows that even the most terrible sinner can be saved if his repentance is sincere. The story is based on a widespread, though nonhistoric, story of a child born of incest who later unknowingly commits the same sin, but by the most rigid penance so purges himself that God directs that he be elected pope. Hartmann’s immediate source was probably the French Histoire de la vie du pape Grégoire.

    We know nothing of the source of Hartmann’s best poem, Der arme Heinrich. A plausible suggestion is that it may have been a family legend of Hartmann’s patron, explaining why a forebear married a peasant girl. The main motif, the cure of leprosy by the use of the blood of a virgin, is very common, as is the idea of the outward corruption of the disease indicating the inward corruption of the soul. Heinrich is a good man in the worldly sense, but he fails to recognize his debt to God, becomes leprous, and fails to see his responsibility for his plight. He reluctantly accepts the offer of the young daughter of one of his peasants to let her heart’s blood be used to cure him but, in the end, he cannot allow her sacrifice, although she protests strongly, feeling herself deprived of becoming a martyr. Heinrich’s recognition of his true state brings about a cure for both body and soul.

    Iwein is a very close adaptation of the Yvains of Chrétien de Troyes. It is structurally Hartmann’s best poem and shows that by this time—about 1204—he was a master of the narrative form, as many contemporaries agree. Iwein neglects his wife for personal adventure («verfahren») and is brought back to true knighthood by a series of exploits, in all of which he rescues women. Here, as elsewhere, Hartmann treats the courtly ethic very seriously, as a way of attaining secular glory that is not merely empty adventure («zweckentfremdetes Abenteuer»). But in Iwein he seems less pompous, and certainly his technique is equal to that of any medieval poet with the possible exception of Gottfried.

    Hartmann’s narrative poems, like all courtly epics, are written in four beat rhyming couplets («Paarreim»). The last beat may fall on a stressed syllable not followed by an unstressed syllable (masculine—«männlich volle Kadenz»), referred to as masculine monosyllabic. If the final beat falls on a short, stressed syllable followed by an unstressed syllable this is referred to as masculine disyllabic; it may also fall on a normally unstressed syllable (that is, a long vowel or dipthong or a short vowel plus double consonant) immediately following a stressed syllable («klingende Kadenz»), or on a long, stressed syllable followed by an unstressed syllable (feminine—«weiblich volle Kadenz»). Very rarely is there no syllable

134 Hartmann von Aue: Iwein

 

for the last stress, in which case it has to be assumed to fall on a pause (metrically incomplete—«stumpfe Kadenz»).

Hartmann von Aue

Iwein

Swer an rehte güete wendet sîn gemüete,
dem volget sælde und êre.
des gît gewisse lêre
5 künec Artûs der guote, 5
der mit rîters muote
nâch lobe kunde strîten.
er hât bî sînen zîten
gelebet alsô schône
10 daz er der êren krône 10
dô truoc und noch sîn name treit.
des habent die wârheit
sîne lantliute:
sî jehent er lebe noch hiute:
15 er hât den lop erworben, 15
ist im der lîp erstorben,
sô lebet doch iemer sîn name.
er ist lasterlîcher schame
iemer vil gar erwert,
20 der noch nâch sînem site vert. 20
ein rîter, der gelêret was
unde ez an den buochen las,
swenner sîne stunde
niht baz bewenden kunde,
25 daz er ouch tihtennes pflac 25
(daz man gerne hœren mac,
dâ kêrt er sînen vlîz an:
er was genant Hartman
und was ein Ouwære),
der tihte diz mære.
[...]
"Alsus antwurt er mir dô
‘sît dîn gemüete stât alsô
545 daz dû nâch ungemache strebest 545
und niht gerne sanfte lebest,
Hartmann von Aue 135
 
 
Hartmann von Aue
Iwein



Wer nach dem wahrhaft Guten / von ganzem Herzen strebt, / dem wird Ansehen vor Gott und den Menschen als sicherer Lohn zuteil.1 / Ein Beweis dafür ist

(5) der edle König Artus, / der mit ritterlichem Geist / es wohl verstand, Ruhm zu erringen. / Zu seiner Zeit hat er / ein so vorbildliches Leben geführt,

(10) daß er den Kranz der Ehren / damals trug, wie auch jetzt noch sein Name damit geschmückt ist. / Darum haben / seine Landsleute recht, / wenn sie sagen, er lebe noch heute.

(15) Er hat Ruhm erworben, / und ist er selbst auch tot, / wird doch sein Name stets fortleben. / Der wird sich niemals einer Schandtat / schämen müssen, / der nach seinem Vorbild handelt.—

 

(20) Ein Ritter hatte Schulbildung genossen / und las in Büchern, / wenn er mit seiner Zeit / nichts besseres anzufangen wußte,

(25) dichtete er sogar.2 / Er verwandte seine Bemühungen auf das, / was vergnüglich zu hören ist. / Er hieß Hartmann / und war von Aue. / Der hat auch diese Geschichte gedichtet.

 

Arthur’s court is assembled at Caridol at Whitsuntide (Pentecost, «Pfingsten»), and there is clearly bad blood between Keie, the crude seneschal of the court, and Kalogreant, Iwein’s cousin. Only the intervention of Queen Cunneware allows Kalogreant to tell of an adventure that happened to him almost ten years ago. He rode into the wood of Bresilian seeking adventure and spent the night as the guest of a nobleman and his daughter. The next day he met a huge and hideous herdsman in charge of wild animals. After being assured that the animals will not hurt him, Kalogreant asks the herdsman where he can find adventure.

"Da antwortete er mir so: / ‘Also bist du solchen Sinnes,

(545) daß du die Gefahr suchst / und nicht in friedlicher Bequemlichkeit leben möchtest.

136 Hartmann von Aue: Iwein
 

ichn gehôrte bî mînen tagen
selhes nie niht gesagen
waz âventiure wære:
550 doch sag ich dir ein mære, 550
wil dû den lîp wâgen,
sone darftû niht mê vrâgen
hie ist ein brunne nâhen bî
über kurzer mîle drî:
555 zewâre unde kumestû dar 555
und tuostû im sîn reht gar
tuostû dan die widerkêre
âne grôze dîn unêre,
sô bistû wol ein vrum man:
560 dâne zwîvel ich niht an. 560
waz vrumt ob ich dir mêre sage?
ich weiz wol, und bistû niht ein zage,
so gesihestû wol in kurzer vrist
selbe waz diu rede ist.
565 Noch hœre waz sîn reht sî. 565
dâ stât ein capelle bî:
diu ist schœne und aber cleine.
kalt und vil reine
ist der selbe brunne:
570 in rüeret regen noch sunne, 570
nochn trüebent in die winde.
des schirmet im ein linde,
daz nie man schœner gesach:
diu ist sîn schate und sîn dach.
575 si ist breit hôch und alsô dic 575
daz regen noch der sunnen blic
niemer dar durch enkumt:
irn schadet der winter noch envrumt
an ir schœne niht ein hâr,
580 sine stê geloubet durch daz jâr. 580
und ob dem brunne stât ein
harte zierlîcher stein,
undersatzt mit vieren
marmelînen tieren:
585 der ist gelöchert vaste. 585
ez hanget von einem aste
von golde ein becke her abe:
jane wæn ich nicht daz iemen habe
dehein bezzer golt danne ez sî.
Hartmann von Aue 137
 


In meinem Leben / habe ich nicht so etwas gehört, / was es mit «aventiure» auf sich habe.3

(550) Aber ich will dir etwas sagen: / wenn du dein Leben aufs Spiel setzen willst, / so brauchst du nicht länger mehr zu fragen. / Hier in der Nähe ist eine Quelle, / nicht weiter als drei kleine Meilen entfernt.

(555) Wenn du dorthin kommst / und handelst in der richtigen Weise / und kommst dann zurück, / ohne erhebliche Schande erfahren zu haben, / dann bist du wahrhaftig ein tüchtiger Mann,

(560) daran will ich nicht zweifeln. / Was soll ich dir noch mehr sagen? / Ich bin sicher, wenn du kein Feigling bist, / wirst du in kurzer Zeit selbst sehen, / wie sich die Sache verhält.

(565) Höre noch etwas von der Beschaffenheit der Quelle. / Eine Kapelle steht in der Nähe, / die zwar klein aber schön ist, / kalt und klar / ist die erwähnte Quelle:

(570) weder Regen noch Sonne treffen sie, / noch rühren sie die Winde auf. / Eine Linde schützt sie davor, / schön wie keine andere: / sie bietet ihr Schatten und Dach.

(575) Sie ist mächtig, hoch und so dicht, / daß weder Regen noch ein Sonnenstrahl / sie je durchdringen. Der Winter hat nicht den mindesten Einfluß / auf ihre Schönheit,

(580) sodaß sie das ganze Jahr hindurch im Laub steht.4 / Oberhalb der Quelle steht ein / überaus zierlich behauener Stein / auf einem Sockel / von vier marmornen Tieren.

(585) Der ist tief ausgehöhlt. / Von einem Aste hängt / ein goldenes Gefäß herab. / Ich glaube nicht, jemand / habe besseres Gold als dieses.

138 Hartmann von Aue: Iwein
 
 
 

590 diu keten dâ ez hanget bî590
diu ist ûz silber geslagen.
wil dû danne niht verzagen,
sone tuo dem becke niht mê,
giuz ûf den stein der dâ stê
595 dâ mite des brunnen ein teil: 595
deiswâr, sô hâstû guot heil,
gescheidestû mit êren dan.?"
hin wîste mich der waltman
einen stîc ze der winstern hant:
600 ich vuor des endes unde vant 600
der rede eine wârheit
als er mir hete geseit,
und vant dâ grôz êre.
man gehœret nimer mêre,
605 diu werlt stê kurz ode lanc, 605
sô wünneclîchen vogelsanc
als ich ze der linden vernam,
dô ich derzuo geriten kam.
der ie gewesen wære
610 ein tôtriuwesære, 610
des herze wære dâ gevreut.
sî was mit vogelen bestreut
daz ich der este schîn verlôs
und ouch des loubes lützel kôs.
615 dern wâren niender zwêne gelîch: 615
ir sanc was sô mislîch,
hôch unde nidere.
die stimme gap in widere
mit gelîchem galme der walt.
620 wie dâ sanc sange galt! 620
den brunnen ich dar under sach,
und swes der waltman mir verjach.
ein smâreides was der stein:
ûz iegelîchem orte schein
625 ein alsô gelpfer rubîn, 625
der morgenstern möhte sîn
niht schœner, swenner ûf gât
und in des luftes trüebe lât.
Dô ich daz becke hangen vant,
630 dô gedâht ich des zehant, 630
sît ich nâch âventiure reit,
ez wære ein unmanheit
Hartmann von Aue 139

 

(590) Die Kette, an der es hängt / ist aus Silber geschmiedet. / Wenn du keine Angst hast, / so mache mit dem Becken nichts weiter, / als daß du auf den Stein, der dort steht,

(595) etwas von der Quelle gießt. / Wirklich, das Glück ist mit dir, / wenn du mit Ehren wieder von dort scheidest.’ / Der Waldmann zeigte mir / einen Weg dorthin zur Linken.5

(600) Ich ritt dahin und fand / seine Worte bestätigt, / genau wie er es gesagt hatte. / Und ich fand dort große Herrlichkeit. / Nie mehr wird man,

(605) solange die Welt steht, / so herrlichen Gesang der Vögel hören, / wie ich ihn bei der Linde vernahm, / als ich hingeritten kam. / Das Herz selbst

(610) eines Todtraurigen / wäre dort froh geworden. / Die Linde war so mit Vögeln bedeckt, / daß ich die Äste nicht sehen konnte, / und auch kein Laub wahrnahm.

(615) Keiner war dem andern gleich, / ihr Gesang klang mannigfach / in allen Tonlagen. / Die Stimmen gab ihnen / der Wald mit gleichem Schalle zurück.

(620) Wie da Gesang in Gesang tönte! / Die Quelle sah ich darunter / und alles, was mir der Waldmann gesagt hatte. / Der Stein war ein Smaragd. / Aus jeder Ecke leuchtete

(625) ein Rubin, der so funkelte, / daß der Morgenstern nicht schöner sein könnte, / wenn er aufgeht / und ihn die dämmerige Luft nicht mehr verdunkelt.6 / Als ich das Gefäß hängen sah,

(630) dachte ich gleich, / da ich ja auf «aventiure» ausgeritten war, / es sei eine unmännliche Schwachheit,

140 Hartmann von Aue: Iwein
 
 
 

obe ich dô daz verbære
ichn versuochte waz daz wære;
635 und riet mir mîn unwîser muot, 635
der mir vil dicke schaden tuot,
daz ich gôz ûf den stein.
do erlasch diu sunne diu ê schein,
und zergienc der vogelsanc,
640 als ez ein swærez weter twanc. 640
diu wolken begunden
in den selben stunden
von vier enden ûf gân:
der liehte tac wart getân
645 daz ich die linden kûme gesach. 645
grôz ungnâde dâ geschach.
vil schiere dô gesach ich
in allen enden umbe mich
wol tûsent tûsent blicke:
650 dar nâch sluoc alsô dicke 650
ein alsô kreftiger donerslac
daz ich ûf der erde gelac.
sich huop ein hagel unde ein regen,
wan daz mich der gotes segen
655 vriste von des weters nôt, 655
ich wære der wîle dicke tôt:
daz weter wart als ungemach
daz ez den walt nider brach.
was iender boum dâ sô grôz
660 daz er bestuont, der wart blôz 660
und loubes alsô lære
als er verbrennet wære."
[...]
sus vuoren si in der enge
beide durch gedrenge
unz an daz palas. dâ vor
1080 was gehangen ein slegetor: 1080
dâ muose man hin durch varn
unde sich vil wol bewarn
vor der selben slegetür,
daz man den lîp dâ niht verlür.
1085 sweder ros od man getrat 1085
iender ûz der rehten stat,
daz ruorte die vallen und den haft
der dâ alle dise kraft
Hartmann von Aue 141

 

wenn ich es unterließe / zu versuchen, wie es damit bestellt ist.
(635) Und es riet mir mein Unverstand, / der mir oft schadet, / den Stein zu begießen. / Da verfinsterte sich die Sonne, die eben noch hell geschienen hatte, / und der Gesang der Vögel verstummte

(640) vor einem schweren Ungewitter. / Die Wolken zogen / gleichzeitig / von vier Himmelsrichungen her auf. / Der helle Tag wurde so verwandelt,

(645) daß ich die Linde gar nicht mehr sehen konnte. / Ein schrecklicher Aufruhr erhob sich. / Da sah ich alsbald / um mich her auf allen Seiten / tausend und abertausend Blitze.

(650) Danach dröhnte ebensooft / ein so gewaltiger Donnerschlag, / daß ich auf die Erde stürzte. / Hagel und Regen zogen auf, / und hätte mich nicht Gottes Gnade

(655) vor Wettersnot behütet, / so wäre ich dabei umgekommen. / Das Unwetter wurde so furchtbar, / daß es den Wald niederbrach. / Und war irgendwo ein Baum stark genug,

(660) daß er stehenblieb, so wurde er kahl / und so des Laubes beraubt, / als sei er verbrannt."

 

The weather quickly clears, and a knight charges out, accusing Kalogreant of laying waste his property. In spite of his denials, Kalogreant is attacked and unhorsed. He walks back to his host of the previous night, who again receives him well. Iwein proclaims his determination to avenge the insult to the family but is mocked by Keie. King Arthur declares that the whole court will go to the fountain to try the adventure, but Iwein leaves the court secretly and sets out alone. He repeats his cousin’s actions exactly, however he is not unhorsed. The two knights begin to fight with their swords, and Iwein succeeds in inflicting a serious wound on his opponent, who turns and flees. Iwein pursues him, but the manner in which he chases his enemy calls forth a rebuke from Hartmann (l. 1056: "jaget in âne zuht"). As the knight approaches his castle, Iwein is hard on his heels:

So ritten sie auf dem schmalen Weg / beide wegen der Enge / bis zum Palas. Davor

(1080) war ein Fallgatter aufgehängt. / Dort mußte man hindurchreiten / und sich sehr / vor eben dem Fallgatter vorsehen, / um dort das Leben nicht zu verlieren.

(1085) Wenn Pferd oder Mensch / nicht an die richtige Stelle traten, / so löste das die Falle und Haltevorrichtung aus, / die diese ganze Wucht
 





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